„Solarspitzen-Gesetz“ – und jetzt?

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Noch vor der Wahl am 23. Februar haben sich die Fraktionen auf eine Reform des Energierechts geeinigt (EnWG-Novelle).

Kompromiss im Bundestag: Noch vor der Wahl am 23. Februar haben sich die Fraktionen auf eine Reform des Energierechts geeinigt (EnWG-Novelle) – mit weitreichenden Auswirkungen, vor allem für Betreiber*innen von Photovoltaik-Anlagen. Wir erklären, was sich genau ändert.

Die EnWG-Novelle: Ein Überblick

Was lange währt, wird endlich gut? Die EnWG-Novelle ist seit langer Zeit auf der politischen Agenda und wurde über Monate hinweg verhandelt. In deutlich abgespeckter Form wurde das Gesetzpaket nun am Freitag, 31. Januar 2025 im Bundestag verabschiedet. Stimmt der Bundesrat am 14. Februar zu, tritt es kurzfristig in Kraft. Der Kern, auf den sich die politischen Fraktionen einigen konnten: mit teils deutlichen Anpassungen dafür zu sorgen, dass der PV-Boom die Stromnetze nicht überfordert. Wir fassen die wichtigsten Punkte des „Solarspitzen-Gesetzes“ für euch zusammen.

Das Solar-Gesetz bedeutet einige Änderungen für Betreiber*innen von Photovoltaik-Anlagen.
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Die EnWG-Novelle bringt vor allem für Betreiber*innen von Photovoltaik-Anlagen Änderungen.

Einspeisevergütung: Keine Vergütung mehr bei negativen Börsenpreisen

Ein wesentlicher Punkt betrifft die Neuregelung der Einspeisevergütung. Bei neu errichteten Photovoltaik-Anlagen gilt künftig: Strom, der zu Zeiten in das Stromnetz eingespeist wird, in denen er „nichts wert ist“, wird auch nicht mehr finanziell entlohnt. Sprich: Rutscht der Strompreis an der Börse ins Negative, erhalten Anlagen-Betreiber*innen auch keine EEG-Vergütung.

Für alle anderen Zeiten bleibt es bei einer pauschalen Vergütung der Kilowattstunde; diese sinkt bei Überschuss-Einspeisung zum 1. Februar 2025 leicht auf 7,95 Cent.

Unserer Prognose nach werden die Zeiten mit negativen Strompreisen in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen (2024: 457 Stunden). Tendenziell genau dann, wenn die Sonne scheint. Das liegt am zeitweisen Überangebot aus erneuerbaren Energien, das z.B. aufgrund eines extrem hohen Zubaus von Photovoltaik-Anlagen 2023 und 2024 immer häufiger auftritt.

Zusammengefasst: Die Einspeisung von Sonnenstrom – insbesondere zur Mittagszeit – wird unattraktiver (auch wenn es im Anschluss an die 20-jährige Förderdauer eine Kompensation gibt). Damit will der Bund einerseits eine Kostenexplosion bei der Förderung erneuerbarer Energien vermeiden. Andererseits sollen Solar-Anlagen möglichst verträglich für das stark belastete Stromnetz betrieben werden.

© N-ERGIE, Andrea Rudolph

Steuerbarkeit von Photovoltaik-Anlagen (ab 7 kW)

In eine ähnliche Richtung zielt auch die künftig verpflichtende Steuerbarkeit von PV-Anlagen durch den Netzbetreiber. Um die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten, sind PV-Anlagen ab einer Leistung von 7 kWp künftig so auszurüsten, dass der Netzbetreiber jederzeit Zugriff auf deren Einspeiseleistung hat.

Deutet sich aufgrund von günstigen Witterungsbedingungen eine mögliche Überlastung des Stromnetzes an, kann der Netzbetreiber eingreifen und die Einspeisung der Solar-Anlage unterbinden. Diese Möglichkeit war bislang ausschließlich für größere EEG-Anlagen (ab 25 kW) vorgesehen und wird nun deutlich ausgedehnt.

Smart-Meter: Vom „Mess-Rollout“ zum „Steuerungs-Rollout“

Damit die situationsabhängige Steuerung von PV-Anlagen technisch überhaupt möglich ist, müssen sie mit einer sogenannten Steuerbox ausgerüstet werden, die wiederum an ein intelligentes Messystem („iMSys“ oder auch „Smart-Meter“) gekoppelt ist.

Das hat Einfluss auf den Rollout der Smart-Meter. Dessen Logik wird gewissermaßen umgekehrt. Ursprünglich sollten intelligente Messsysteme zunächst vor allem bei Haushalten mit einem hohen Stromverbrauch installiert werden. Nach der neuen Gesetzeslage und den damit einhergehenden Verpflichtungen werden Messstellen- und Netzbetreiber die Smart-Meter (mitsamt zugehöriger Steuertechnik) wohl priorisiert in Haushalten mit einer EEG-Anlage einbauen.

Ein digitales Messsystem (Smart Meter).
© N-ERGIE, Claus Felix

Wann ein alter Zähler gegen einen neuen auszutauschen ist, hängt zum einen vom Ablauf der Eichgültigkeit ab und zum anderen vom gesetzlich geforderten Rollout der modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsysteme, der bis 2030 weitestgehend abgeschlossen sein muss.

Übergangsregelung: Reduzierte Einspeiseleistung (60 Prozent)

Nach etlichem Hin und Her (u.a. „Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“) stecken der Smart-Meter-Rollout und der Einbau von Steuerboxen noch in den Kinderschuhen. So auch im Netzgebiet der N-ERGIE, wo die Einbauquote im bundesweiten Durchschnitt liegt.

Dementsprechend wird die Steuerbarkeit von PV-Anlagen über Smart-Meter erst perspektivisch zum Tragen kommen – das ist auch dem Gesetzgeber bewusst. Damit Anlagen dennoch netzverträglich in Betrieb genommen werden können, wurde eine Übergangsregelung für PV-Anlagen geschaffen: Bis sie durch den Netzbetreiber steuerbar sind, dürfen sie nur mit 60 Prozent der maximal möglichen Leistung ins Netz einspeisen.

Auch der Bundesverband Solarwirtschaft begrüßt die EnWG-Novelle und geht bei der auf 60 Prozent reduzierten Einspeiseleistung von Einbußen in Höhe von etwa neun Prozent aus.

Option für Solar-Anlagen: Nulleinspeisung

Unternehmen und Verbände der Energiewirtschaft haben im Vorfeld beinahe unisono die Wichtigkeit der EnWG-Novelle für die Versorgungssicherheit betont. Doch klar ist auch: Für viele Menschen, die mit einer PV-Anlage auf dem Dach liebäugeln, bedeuten die neuen Regeln zunächst einmal zusätzliche Auflagen.

Eine Option, die im Gesetzestext explizit genannt wird, könnte deshalb für einige Betreiber*innen von PV-Anlagen durchaus eine überlegenswerte Alternative sein: die (temporäre) Nulleinspeisung.

Verzichtet man von vornherein auf die (perspektivisch sinkende) EEG-Vergütung und versichert, keinen Strom in das Netz einzuspeisen, so entfällt auch der mögliche Zugriff durch den Netzbetreiber (sowie z.B. die jährliche Gebühr für die Steuerbox).

Ohnehin ist die Einspeisevergütung längst nicht mehr der hauptsächliche finanzielle Anreiz für eine PV-Anlage. Längst geht es in erster Linie um Einsparungen durch einen möglichst großen Eigenverbrauch. In den allermeisten Fällen ist den Betreiber*innen daran gelegen, möglichst wenig Strom aus dem öffentlichen Netz zu beziehen.

Wird der Eigenverbrauch der Anlage optimiert – zum Beispiel durch eine Ost-West-Ausrichtung der Module und/oder einen entsprechend groß dimensionierten Batteriespeicher – kann die Nulleinspeisung daher eine echte Alternative sein.

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