„Die Fernwärme braucht sehr viel Platz“

© N-ERGIE, Silke Weiß

Wolfgang Kettl, Leiter Produktion und Lösungen im Bereich Wärme der N-ERGIE, erklärt, warum der Fernwärmeausbau so komplex ist.

Fernwärme ist eine umweltfreundliche und einfache Art zu heizen. Alles andere als einfach ist es dagegen, Fernwärmerohre zu verlegen. 

Wir haben einen Blick unter die Straße geworfen und bei Wolfgang Kettl (Leiter Produktion und Lösungen im Bereich Wärme der N-ERGIE) nachgefragt, was den Bau von Fernwärmeleitungen so komplex macht.

Was ist bei Fernwärme anders als bei Strom, Gas und Wasser?

Fernwärmerohre brauchen sehr viel Platz. Anders als bei Strom, Gas oder Wasser haben wir bei der Fernwärme zwei Leitungen, die wir unter die Erde bringen müssen. Eine Leitung für den Vorlauf, der das erhitzte Fernwärmewasser aus dem Heizkraftwerk zu den Häusern bringt. Und eine zweite Leitung parallel daneben für den Rücklauf, der das erkaltete Wasser wieder zurückbringt. Dazu kommt, dass Fernwärmerohre stark gedämmt sein müssen. Das macht die Versorgung effizient, aber die Rohre auch ziemlich dick. So ein Standardrohr – ein Stahlrohr mit Isolierung und Kunststoffummantelung – hat einen Außendurchmesser von 30 bis 50 Zentimetern.

Damit wir andere Sparten – es gibt neben Fernwärme, Strom, Gas und Trinkwasserleitungen ja auch noch Glasfaser, Telekommunikationskabel und einen Abwasserkanal – technisch nicht beeinflussen, müssen wir auch bestimmte Abstände einhalten. Wir können also nicht einfach alle Leitungen gemeinsam in einen Graben legen. Das geben unterschiedliche Verlege-Richtlinien wie DIN-Verordnungen oder das Regelwerk des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) vor. Wir müssen also sehr detailliert planen, damit sich die Leitungen da unten nicht in die Quere kommen.

© N-ERGIE, Isolde Kolb

Ganz schön was los unter der Erde: Die Stromleitungen liegen ziemlich weit oben im im Gehweg, die Gasleitungen etwa 80 cm unter Fahrbahn. Noch tiefer liegen die Fernwärmerohre (etwa 1,00 bis 1,20 m) und die Trinkwasserleitungen (mind. 1,00 m wegen der Frostsicherheit). Die Abwasserleitungen verlaufen ganz unten.

Wer oder welche Akteure sind unter der Erde aktiv?

Neben der N-ERGIE (Strom, Erdgas, Trinkwasser, Fernwärme) sind noch viele weitere Akteure in Nürnberg auf und unter den Straßen oder Gehwegen aktiv:

Hinzu kommen Telekommunikations-Unternehmen (Telefon, Glasfaser), die Feuerwehr (Brandschutz, Feuerwehrzufahrten) oder Baufirmen.

Wie läuft die Verlegung von Fernwärmeleitungen genau ab und wie lange dauert das?

Zuerst überlegen wir uns einen geeigneten Trassenverlauf beziehungsweise mehrere Varianten, wie eine Fernwärmeleitung verlaufen könnte. Die Trasse stimmen wir mit den städtischen Behörden wie zum Beispiel SÖR und SUN ab und lassen uns die jeweilige Maßnahme genehmigen. Dabei müssen wir nicht nur die verkehrsrechtliche Anordnung beachten, sondern zum Beispiel auf den Baumbestand Rücksicht nehmen. Anschließend stimmen wir uns auch mit unseren Kolleginnen und Kollegen bei der N-ERGIE Netz GmbH ab, die für die Sparten Strom, Erdgas und Trinkwasser zuständig sind, und koordinieren die Planungen. Wenn alles passt, gehen wir in die Detailplanung. Auf deren Basis erstellen wir dann eine Ausschreibung für den Bau – Fernwärmerohre zu verlegen kostet mehrere Tausend Euro pro Meter. Wenn wir nach der Ausschreibung ein geeignetes Tiefbauunternehmen gefunden haben, kann der Bau starten. Von der Variantensuche über die Abstimmung und Genehmigungen bis zur Fertigstellung vergehen viele Monate.

Welche baulichen Herausforderungen oder Hindernisse können auftauchen?

Herausforderungen können an ganz unterschiedlichen Stellen auftreten. Ich denke dabei an Bäume, Bahn- oder Straßenbahnschienen, die U-Bahn oder auch Flüsse und Seen. Auch die Archäologie in Nürnberg kann zu einer Hürde werden. Wir müssen immer die Gegebenheiten vor Ort im Blick haben und uns gut abstimmen. Wir sind ja auch nicht die Einzigen, die in Nürnberg bauen. Auch die Stadt selbst ist sehr aktiv etwa bei Kanalsanierungen oder Neugestaltungen im innerstädtischen Bereich. Hier müssen wir schauen, dass wir alle Maßnahmen miteinander in Einklang bringen. Manchmal reicht es, wenn wir bei der Trasse einen Umweg einplanen. Manchmal muss die Lösung etwas größer ausfallen, zum Beispiel wenn wir die Fernwärme über eine Rohrbrücke über einen Fluss legen. Oder bei der Erschließung des neuen Stadtteils „Tiefes Feld“, wenn wir mit der Fernwärme unter der Bahnlinie durch müssen.

Mehr zur Nürnberger Fernwärme unter fernwaerme.n-ergie.de

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