Haselnüsse, Hühner und Herzblut

© N-ERGIE, Marko Godec

Im Freigelände vor dem Hühnerwagen in Gonnersdorf bei Cadolzburg tummelt sich das Federvieh. Hier wachsen auch die Haselnussbäume von Martin Stiegler. Über ihren Kronen sollen bald Solarpaneele für Schutz und Sonnenstrom sorgen.

Haselnuss ist nicht gleich Haselnuss

Seit 2006 pflanzen die Stieglers Haselnussbäume. 45 Sorten wachsen auf einem Versuchsfeld. „Wir wollten wissen, welche Sorten sich überhaupt für den Anbau in Deutschland eignen“, erzählt Martin Stiegler. „Bei den neu angelegten Feldern haben wir uns auf sechs bis acht Sorten spezialisiert. Jede hat unterschiedliche Charakteristika. Die einen lassen sich gut rösten, die anderen haben einen guten Ölgehalt, andere wiederum sind für den Naturzustand sehr gut.“

Gerade als die Bäume die ersten Erträge abwarfen und nur wenige Monate, nachdem Martin Stiegler den Hofladen eröffnet hatte, kam 2014 der große Brand. Die alte Schmiede, wo sich Nussfans heute rund um die Uhr mit Haselnussprodukten aus den Automaten eindecken, hat als einziges Gebäude standgehalten. Und den zum Nussröster umfunktionierten Kaffeeröster konnten die Stieglers im letzten Moment retten.

Ein gutes Miteinander

Wer Manche hätten an diesem Punkt aufgegeben. Martin Stiegler hat weitergemacht – und 2017 auf biologischen Anbau umgestellt. Bald kommen auch die Hühner ins Spiel: Seit 2019 picken sie eifrig die Maden von Schädlingen aus dem Boden. So schützen sie die Haselnussbäume vor dem gefürchteten Haselnussbohrer und düngen gleichzeitig den Boden. „Wo die Hühner sind, ist die Population von Schädlingen deutlich geringer“, weiß der 33-jährige Landwirt. Und wenn eine Wiese „abgegrast“ ist, ziehen die beiden Hühnerwagen weiter zum nächsten Haselnussfeld. Zwei Gruppen mit je 800 Hühnern genießen tagsüber das Leben in freier Natur und nachts den Schutz des Hauses. „Auch drinnen haben sie viel mehr Platz als bei konventioneller Haltung. Ich glaube, es geht ihnen hier ganz gut.“

Noch eine wichtige Rolle übernehmen die Hühner: Sie legen zuverlässig Eier. „Damit sind wir breiter aufgestellt und können auch mal Ertragsausfälle bei den Nüssen puffern“, meint Martin Stiegler. Denn Witterungsextreme, wie Spätfrost oder Hagel, sind eine große Gefahr für die Nussernte. Auf einem Testfeld sollen nun Solarpaneele über den Bäumen angebracht werden – zum Schutz der Bäume, für bessere Erträge und zur Erzeugung von Sonnenstrom.

© N-ERGIE, Marko Godec

Auf einem Testfeld sollen Solarpaneele die Haselnussbäume vor Witterungsextremen schützen, den Ertrag verbessern und Sonnenstrom erzeugen. Mit Florian Betzold von der N-ERGIE (links) bespricht Martin Stiegler sein Energiewende-Konzept.

„Wo die Hühner sind, ist die Population von Schädlingen deutlich geringer.“

Martin Stiegler

Energiewende in kleinem Maßstab

Nachdem die Stromnetze aktuell kaum Kapazitäten für zusätzlichen Sonnenstrom haben, hat Martin Stiegler mit der N-ERGIE vereinbart, den Strom aus seiner Agri-PVAnlage vorerst selbst zu nutzen. Außerdem kann sich der kreative Landwirt vorstellen, dass eventuelle Überschüsse in Mini-Elektrolyseuren zu Wasserstoff umgewandelt werden. Mit der Firma Schaeffler ist er dazu im Gespräch.

Die wissenschaftliche Begleitung des Pilotprojekts durch die TH Nürnberg und die FAU Erlangen-Nürnberg ist beantragt. „Dann hätten wir Grünstromerzeugung, Tierhaltung und Pflanzenproduktion auf einer Fläche, ohne diese zu versiegeln. Das wäre, glaube ich, ein unschlagbares Konzept für die Zukunft“, freut sich Martin Stiegler. Auch Florian Betzold, Koordinator für Energielösungen bei der N-ERGIE, gefällt, wie hier einzelne Elemente der Energiewende ineinandergreifen. „Energiewende ist eben nicht nur Stromerzeugungswende. Wir unterstützen die Idee der Sektorenkopplung.“

Martin Stiegler versteht es, Ideen und Menschen zusammenzubringen. „Ein Projekt kann noch so gut sein. Wenn es nicht bei den richtigen Leuten landet, bleibt es liegen“, hat der Landwirt des Jahres 2023 erkannt. So brachte der Besuch des Landwirtschaftsministers Cem Özdemir 2024 frischen Wind in sein Energieprojekt. Und über den Bayerischen Bauernverband (BBV), ein Vertriebspartner der N-ERGIE, kam das Projekt auf den Tisch von Florian Betzold: „Wir finden Martins Ideen spannend. Deshalb haben wir trotz der Einspeiseproblematik einen Weg gefunden, wie es weitergehen kann.“

Kontakte öffnen Türen

Die Erzeugnisse von FrankenGeNUSS haben einen guten Namen – dank ihrer Qualität und Martin Stieglers Talent fürs Netzwerken. So gehören Patisserien und Gourmet-Restaurants im In- und Ausland zu seiner Kundschaft. Die Zusammenarbeit mit dem fränkischen Sternekoch Alexander Herrmann besteht seit vielen Jahren. Außerdem beliefern die Stieglers mehrere kleine Schnapsbrennereien, vor allem in der Region.

Dass er inzwischen auch den 1. FC Nürnberg mit nussigen Energielieferanten versorgt, freut den ehemaligen Fußballspieler ganz besonders. „Früher war mein Traum, Fußballprofi zu werden. Mit 15 war ich gar nicht weit weg davon, dann kam die Verletzung.“ Das Fachabitur in Landwirtschaft brachte ihn dann auf die Spur der Haselnüsse und zurück in den Familienbetrieb. Martin Stiegler ist davon überzeugt, dass es auf dem Stieglerhof nur deshalb so gut läuft, weil alle gemeinsam anpacken: „Hier arbeiten vor allem Familienmitglieder. Das geht auch gar nicht anders. Denn bei diesem Job gibt es keine festen Arbeitszeiten.“

Rund um die Haselnuss

Haselnüsse sind in Bayern und Franken (noch) ein Nischenprodukt. Die Betriebe in der Region haben sich meist auf den Anbau spezialisiert und liefern ihre Ernte zur Veredelung und Vermarktung zum Beispiel an Martin Stieglers FrankenGeNUSS

Haselnüsse sind hierzulande sehr beliebt auf dem Speiseplan. Die inländische Produktion ist deutlich geringer als die Nachfrage. Die meisten Haselnüsse kommen aus der Türkei, Chile und den USA.

Haselnüsse sind reich an gesunden Fetten und enthalten viele Vitamine und Mineralstoffe, vor allem Vitamin E.

In Gonnersdorf hat Familie Stiegler auf 10 Hektar Fläche etwa 5.000 Haselnussbäume gepflanzt.

2013 fiel die erste Ernte auf dem Stieglerhof mit 200 Kilogramm noch sehr bescheiden aus. 2023 gab es eine Rekordernte mit 65 Tonnen – und Jahre mit Einbußen wie 2022, als die Jahresernte nur bei 12 Tonnen lag. Die Ernte wird zu 100 Prozent bei FrankenGeNUSS verarbeitet. 85 Prozent werden direkt über den Hofladen verkauft.

Als Knabbernuss enden nur die besten. Doch Abfälle gibt es kaum bei der Nussverarbeitung. Weniger hochwertige Nüsse werden als Tierfutter genutzt, die Schalen dienen als Mulch im Garten.

www.franken-genuss.com

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