Zwei werden eins – eine Love-Story?

Wenn Unternehmen fusionieren, kommen auch Menschen zusammen: Andrea (ehemals FÜW) und Tobias Fiegl (ehemals (EWAG) arbeiten heute gemeinsam bei der N-ERGIE.
Im März 2000 wurde aus EWAG und FÜW die N-ERGIE. Die Fusion hat zwei fränkische Traditionsunternehmen der Energieversorgung zusammengeführt – und damit auch deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Manche sogar im Privatleben.
Einen Schritt voraus
Genau genommen waren Andrea (48) und Tobias Fiegl (50) der Verschmelzung der beiden N-ERGIE Vorgängerunternehmen einfach nur einen Schritt voraus: Andrea arbeitete beim FÜW, Tobias bei der EWAG. Und dann arbeitete das Paar plötzlich im gleichen Unternehmen. „Das ist total schnell gegangen“, erinnert sich Andrea an die Fusionszeit.
Dabei hat Tobias, der „EWAGler“ schon Jahre vor der Firmenfusion mit seiner späteren Frau im Team gearbeitet: Beide haben als Nebenjob Zähler fürs FÜW abgelesen. „Ein beliebter Zusatzverdienst. Denn zum Jahresende, wenn es ans Ablesen ging, fehlten immer Leute. Wir sind in unserem Heimatort Allersberg losgezogen und haben die Zählerstände notiert“, erinnert sich Tobias Fiegl. Und seine Frau ergänzt lachend: „Mit dem Geld konnten wir Skifahren gehen.“
Liebe auf den zweiten Blick
Dass EWAG und FÜW einmal zusammengehören würden, hätten die beiden damals nie gedacht. Auch nicht, dass es eine Zeit geben könnte, in der „EWAGler“ und „FÜWler“ sich misstrauisch beäugen. Kurz nach der Fusion begann es in der Gerüchteküche zu brodeln: „Beim FÜW wird man in der Kantine bedient“, raunte man (fälschlich) bei der EWAG. Umgekehrt hatten die FÜW-Mitarbeitenden Sorge, dass sie künftig auf Vorteile verzichten müssten. So war die Stimmung unter den Mitarbeitenden zum Start der N-ERGIE durchaus angespannt.
Wer länger als 25 Jahre im Unternehmen ist, kann immer noch genau sagen, wer bei welchem Vorgängerunternehmen war. „Man weiß bis heute, was gemeint ist, wenn man im Kollegenkreis gefragt wird: Woher kommst du?“, berichtet Andrea Fiegl. Dass sich durch die Fusion keine der Befürchtungen bewahrheitet hat und alle Mitarbeitenden letztlich zufrieden waren, hat daran nichts geändert.
Energie für ein ganzes Berufsleben
Beide sind nach wie vor glücklich mit ihren Jobs bei der N-ERGIE. „Freiwillig würde ich die Firma nie wechseln“, bekennt Andrea Fiegl. Sie hat 1992 mit ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau begonnen. Eher zufällig, durch den Rat eines Freundes der Familie, kam sie auf die Idee, sich beim FÜW zu bewerben. Als der Energiemarkt liberalisiert wurde, hat sie im kaufmännischen Bereich die Veränderungen hautnah erlebt. Ganz anders als Tobias Fiegl: „Im technischen Bereich hat man davon wenig mitbekommen.“
Auch Tobias Fiegl wurde durch einen Freund inspiriert, der sich ebenfalls bei der EWAG bewarb. Eigentlich wollte er Schreiner oder Zimmermann werden, aber der Vater riet ihm ab: „Geh bloß nicht auf den Bau.“ Und so lernte Tobias zunächst Industriemechaniker bei der EWAG. In Essen bildete er sich zum Kraftwerker fort und war fortan in der Leitwarte des Kraftwerks in Sandreuth tätig. Im Schichtdienst war er verantwortlich für das Hoch- und Herunterfahren der Turbinen. „Wir haben Tag und Nacht, an Sonn- und Feiertagen im Team gearbeitet, das hat uns zusammengeschweißt“, erzählt er. Diese Kontakte bestehen fort, man trifft sich mit den Familien zum Feiern und nutzt das alte Netzwerk, wenn es fachliche Fragen gibt. Als sich bei Fiegls Sohn Paul ankündigte, war der Schichtdienst dann doch zu belastend. Tobias Fiegl machte an der Abendschule seinen Abschluss als technischer Betriebswirt. „Eine harte Zeit. Besonders beim Thema Rechnungswesen hat mich meine Frau sehr unterstützt“, gibt er zu.

Andreas Gehlert (links, heute Leiter Engagement und Medienproduktion) und Andrea Fiegl haben beim FÜW im kaufmännischen Bereich die Liberalisierung des Energiemarkts erlebt. Heute arbeiten sie zusammen mit Tobias Fiegl im Hochhaus am Nürnberger Plärrer.
Einigkeit statt Konkurrenz
Inzwischen arbeiten beide sogar im selben Tochterunternehmen, der N-ERGIE Service GmbH – allerdings in völlig verschiedenen Bereichen. Andrea sitzt an der Nahtstelle zwischen Abrechnung und IT. Software-Problemfälle im Systemmanagement sind ihre Spezialität. Auch Tobias Fiegl ist dann im Einsatz, wenn Unstimmigkeiten auftauchen. Sein Fachgebiet sind Wärmeabrechnungen. Am liebsten klärt er die Ursache persönlich mit seiner Kundschaft. „Ich fahre hin, schau mir das an und rede mit den Leuten. Das ist mir lieber als viele E-Mails zu wechseln.“
Ob jemand von der EWAG oder vom FÜW kommt, ist bei der N-ERGIE kein Grund mehr für schiefe Blicke. Die jungen Kolleginnen und Kollegen, die nach der Fusion ins Unternehmen gekommen sind, schmunzeln einfach über die Rivalität von einst. Und Andrea und Tobias Fiegl sind das beste Beispiel dafür, wie gut das Miteinander klappt.
Von Allersberg nach Nürnberg, von FÜW und EWAG zur N-ERGIE
Die Geschichte von Andrea und Tobias begann in Allersberg. Beim Kirchweihfeiern mit der Clique kamen die beiden sich näher. Er war 18 und schon in der Ausbildung zum Industriemechaniker bei der EWAG. Sie war 16 und ging noch zur Schule. Ihre Ausbildung zur Industriekauffrau beim FÜW hat sie 1992 begonnen. Während die „Hochzeit“ ihrer Arbeitgeber bereits im Jahr 2000 stattfand, sollte es bei Andrea und Tobias noch etwas dauern. 2008 war es so weit. 2009 kam Sohn Paul auf die Welt, zwei Jahre später Tochter Emma.
Vielleicht hat alles auch schon viel früher angefangen? Damals, als Tobias‘ Mutter mit dem Kleinen im Kinderwagen auf der Baustelle von Andreas Elternhaus vorbeischaute? Oder vielleicht hat es auch damit zu tun, dass Andreas Mutter und Tobias‘ Schwester sich schon vom Lauftreff kannten? Fest steht: „Tobias war genau der Richtige – und meine Mama war von Anfang an unsere größte Unterstützerin“, strahlt Andrea Fiegl. Ihre Mutter war auch zur Stelle, als Andrea Fiegl nach der Geburt jedes Kindes wieder ins Berufsleben zurückkehrte. Gemeinsam stimmten sie ihre freien Tage auf die Betreuung des Nachwuchses ab. Jetzt, wo die Kinder groß sind, genießt sie die Möglichkeit, weiter Teilzeit zu arbeiten. Das geschieht meist im Homeoffice in Allersberg, während Ehemann Tobias nach Möglichkeit mit dem Rad ins Büro nach Nürnberg fährt.
Die Geschichte der N-ERGIE
30. April 1998: Das neue Energiewirtschaftsgesetz tritt in Kraft. Verbraucherinnen und Verbraucher können ihren Stromanbieter zukünftig frei wählen. Das Ziel der Marktöffnung ist mehr Wettbewerb unter den Anbietern.
10. Februar 2000: Gemeinsame Aufsichtsratssitzung von StWN und EWAG. Die Fusion mit dem FÜW wird beschlossen. Der Stadtrat von Nürnberg stimmt am 16. Februar zu.
29. März 2000: Der Aufsichtsrat der Thüga stimmt der Gründung der N-ERGIE Aktiengesellschaft zu. Das Ziel des neuen Unternehmens ist, auch im liberalisierten Markt erfolgreich zu bestehen.
Die EWAG Energie- und Wasserversorgung AG, die Fränkische Überlandwerk AG (FÜW) und die MEG Mittelfränkische Erdgas GmbH fusionieren zur N-ERGIE Aktiengesellschaft. Die Städtische Werke Nürnberg GmbH (StWN) ist mit 60,2 Prozent und die Thüga Aktiengesellschaft mit 39,8 Prozent beteiligt.