Warum gibt es negative Strompreise?

© N-ERGIE, Ekkehard Winkler

Wenn Sie das Licht einschalten oder Ihren PC hochfahren, brauchen Sie Strom. Und jede Kilowattstunde kostet Geld. So kennen wir es. Doch immer öfter gibt es negative Strompreise. Was hat es damit auf sich?

Warum gibt es negative Strompreise?

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. So ist es auch am Strommarkt. Wenn viel Strom erzeugt und wenig verbraucht wird, fallen die Preise. Zum Teil unter die Null-Euro-Grenze. Ein Beispiel: An einem sonnigen Wochenende im Sommer, wenn außerdem der Wind weht, fließt viel Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz. Gleichzeitig wird wenig verbraucht, weil die Maschinen in Industriebetrieben stillstehen. Strom im Überfluss ist im Energiehandel nichts wert. Im Gegenteil: Die Preise werden negativ.

Wem nutzen negative Strompreise?

Ein negativer Strompreis kann auch Anreize bieten: Industriebetriebe zum Beispiel, die direkt an der Strombörse einkaufen, haben die Chance davon zu profitieren. Wenn sie ihren Bedarf so steuern können, dass sie genau dann viel Energie verbrauchen, wenn es finanziell belohnt wird, gehören sie zu den Gewinnern.

Haushalte bemerken die kurzen Phasen negativer Strompreise nicht unmittelbar. Denn die Versorger beschaffen den Strom für Ihre Haushaltskundschaft langfristig. Nur wer einen dynamischen Stromtarif nutzt, profitiert von niedrigen Börsenpreisen – und akzeptiert damit auch das Risiko, dass die Preise kurzfristig in die Höhe schnellen.

Quellen: Statistisches Bundesamt, N-ERGIE

2023 wurden 8,4 Prozent des Sonnenstroms in Zeiten negativer Börsenpreise erzeugt. 2024 lag dieser Anteil bereits zur Jahresmitte bei über 18 Prozent.

Was passiert, wenn zu viel Strom im Netz ist?

Verteilnetzbetreiber (wie auch die N-ERGIE Netz GmbH) können größere Erzeugungsanlagen (Wind- und Solarparks) abregeln. Allerdings nur, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, das Netz stabil zu halten. Es geht auch umgekehrt: Seit 2024 erlaubt das Energiewirtschaftsgesetz (Paragraf 14a) den Netzbetreibern auch Wärmepumpen, private Wallboxen und andere steuerbare Anlagen zu drosseln. Das heißt, ihren Strombezug zu begrenzen, wenn ein Engpass im Netz droht.

Wer einen Wind- oder Solarpark betreibt und dessen Anlage gedrosselt oder abgeschaltet wird, weil zu viel Strom im Netz ist, bekommt trotzdem eine Vergütung. Diese muss jedoch über die Netzentgelte finanziert werden – und belastet so wiederum die Verbraucher*innen.

Wie kann der Strom besser genutzt werden?

Damit der überschüssige Strom nicht „verschenkt“ werden muss, kann man ihn speichern. Nachts, wenn wenig Strom im Netz ist, wird er wieder abgegeben. Angebot und Nachfrage gleichen sich besser aus. Voraussetzung ist, dass große Speicher so betrieben werden, dass sie das Netz stabilisieren.

Privathaushalte können ihre PV-Dachanlage mit einem Stromspeicher kombinieren und nachts den tagsüber gespeicherten Sonnenstrom nutzen.

© N-ERGIE, Falk Heller

Auch Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern von Einfamilienhäusern können mithilfe eines Speichers netzdienlich wirken.

Gibt es auch positive Aspekte an negativen Strompreisen?

  • Negative Strompreise treten bei einem Überangebot von Sonnen- und Windstrom auf. Als der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung noch sehr gering war, gab es dieses Phänomen nicht. So gesehen sind die negativen Strompreise ein Zeichen dafür, dass die Energiewende gut vorankommt.
  • Eine Zunahme negativer Preise bzw. allgemein hohe Preisschwankungen machen dringend benötigte Speichertechnologien wirtschaftlicher. Negative Preise sind also auch ein Anreiz für den Ausbau der Speicherkapazitäten in Deutschland.
  • Negative Strompreise sind ein Signal für einen funktionierenden Strommarkt – auch über Grenzen hinweg. Je besser die internationalen Energiemärkte zusammenarbeiten, desto seltener kommt es zu negativen Preisen. Ist das Angebot in Deutschland so groß, dass die Preise fallen, kaufen die Nachbarländer bei uns günstigen Strom. Die Nachfrage steigt dadurch wieder und demnach auch der Preis.

Übrigens: Negative Strompreise gibt es auch in anderen Ländern. In Deutschland und Dänemark liegt die Megawattstunde häufiger unter null als in anderen europäischen Ländern. Auch in den USA oder Australien zeigt der Energiehandel negative Preise.

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