Fußball-Liebe rostet nicht

© N-ERGIE, Ekkehard Winkler

Zwei Vorstände von Fußballvereinen und ihre gemeinsame Leidenschaft: Niels Rossow, Kaufmännischer Vorstand des 1. FC Nürnberg, und Sebastian Dörr, Vorstand des FC Iphofen, sprechen über ihre Liebe zum Fußball und über Gemeinschaft in schwierigen Zeiten. Die Fragen stellte Heiko Linder, Leiter der N-ERGIE Konzernkommunikation.

© N-ERGIE, Ekkehard Winkler

Hat die Liebe zum Fußball im letzten Jahr arg gelitten? Was hat sich verändert?

Sebastian Dörr: Je länger die Kontaktbeschränkungen dauern, desto größer wird die Sehnsucht, wieder auf den Platz zu kommen. Doch viel wichtiger ist der soziale Aspekt: Die Gemeinschaft fehlt, das Bierchen nach dem Spiel.

Niels Rossow: Wir lieben ja nicht nur diese 90 Minuten auf dem Platz. Sondern auch das ganze Drumherum: den Weg zum Max-Morlock- Stadion in der U-Bahn, das Bier danach oder die Sportschau. Zurzeit gleicht alles eher einer Fernbeziehung. Das ist nicht der Fußball, den wir lieben gelernt haben. In dieser für uns alle herausfordernden Ausnahmesituation treten neue Werte in den Vordergrund und der Profifußball muss sich demütiger und solidarischer zeigen. In den meisten Vereinen herrscht seit einem Jahr kein Betrieb.

Was hat das für Konsequenzen? Wie bleibt man im Kontakt?

Niels Rossow: Der fehlende Kontakt zu unseren Fans und Mitgliedern schmerzt uns. Wir wissen sehr zu schätzen, dass unsere Profi-Mannschaft auf den Platz darf. Wir wollen der Gesellschaft jetzt etwas zurückgeben. Das versuchen wir mit unserer neuen, gemeinnützigen Community- Plattform UnserClub.de, durch die es uns gelingt, zumindest virtuell Nähe zu unseren Anhängern aufrecht zu erhalten. Ich habe gesehen, der FC Iphofen hat im Lockdown eine Aktion mit Einkaufshelfern gestartet – große Klasse.

Sebastian Dörr: (lacht) Das haben wir bei euch abgeschaut. Ein Ersatz für das Miteinander ist das aber nicht. Man geht eine halbe Stunde einkaufen und dann trennen sich die Wege wieder. Neulich hatte ich Kontakt zu einem 75-Jährigen. Er ist seit 60 Jahren Mitglied im Verein und hatte Tränen in den Augen, als er erzählt hat, wie ihm das fehlt: sonntags auf den Fußballplatz und dienstags ins Sportheim. Die Älteren trifft es besonders hart. Bei den Jüngeren versuchen wir es über die sozialen Medien: Unsere Lauf-Challenge im Februar kam gut an. Aber nach drei, vier Wochen ist auch da die Luft raus.

Leidet auch die Nachwuchsarbeit? Wie ist das mit Vorbildern heutzutage?

Niels Rossow: Auch ein Profiverein ist auf Talente aus dem Breitensport angewiesen und hat Sorgen, wenn der Nachwuchs fehlt.

Sebastian Dörr: Klar, Clubberer gibt es auch in Iphofen. Aber so wie früher ist es nicht mehr, als man als 8-, 9-Jähriger auf dem Bolzplatz seinem großen Vorbild nachgeeifert hat.

Gibt es auch Chancen, die sich in der aktuellen Situation auftun?

Niels Rossow: (überlegt) Es menschelt mehr. Aber es gibt nicht mehr nur die Liebe zum Fußball bei den jungen Menschen. Da ist auch noch die Begeisterung für Computer, fürs Skaten … Fußball muss sich immer wieder neu erfinden. Früher war der Club omnipräsent. Jetzt müssen wir uns wieder gesellschaftszentrierter aufstellen.

Sebastian Dörr: (überlegt auch) Chance klingt mir zu positiv. Aktiv zu sein in sozialen Netzwerken genügt nicht. Schon vor der Pandemie haben die 15-,16-Jährigen einen extra Motivationsschub gebraucht, um am Ball zu bleiben. Diese Jungs verlieren wir gerade. Die Kleinen kommen schon wieder.

Welche Rolle spielt Sponsoring für euch?

Sebastian Dörr: Das ist sehr wichtig und kommt in kleineren Vereinen viel zu kurz. Früher waren die Firmen vor Ort automatisch dabei. Nicht nur die großen, auch Gasthäuser oder Winzer. Aber frag die mal jetzt. Sie kämpfen ja seit einem Jahr selbst ums Überleben.

Niels Rossow: Fußball wäre ohne Sponsoring nicht überlebensfähig. Beim 1. FCN sind wir gesegnet durch die Flexibilität unserer Sponsoren. Sie stehen treu und loyal zu uns, auch wenn es keine Spiele gibt. Danke an dieser Stelle auch an die N-ERGIE. Was für große und kleine Vereine gleichermaßen gilt: Zusammenkunft ist das Wichtigste, das Netzwerk befeuern, als Netzwerk fungieren.

Welche Botschaft möchtet ihr euren Fans und Mitgliedern mitgeben? Beendet bitte den Satz: „Kommt zu uns, weil …“

Sebastian Dörr: … sozialer Kontakt wichtiger ist denn je. Das war uns nicht so bewusst, als es noch möglich war, sich auf dem Fußballplatz zu treffen und danach zusammenzusitzen. Leute kommt, die Vereine brauchen euch!

Niels Rossow: … die Liebe zum Fußball wieder aufblühen kann. Deshalb lasst uns jetzt zammhalten, diszipliniert sein, damit wir in einen normalen Alltag zurückkehren können und unser altes Leben wieder bekommen.

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