„Heimat ist Vielfalt“

© N-ERGIE, Andrea Rudolph

Durchs Kunstwerk betrachtet: Blick von den Weinbergen auf Wiesenbronn, die "Rotweininsel" im unterfränkischen Landkreis Kitzingen.

Aus Liebe zur Region: Doris Paul engagiert sich als Kreisheimatpflegerin

Verbundenheit mit Ortschaften und Menschen, verantwortungsvolles Handeln für ihr Heute und Morgen – das haben wir als regionaler Energieversorger mit Doris Paul gemeinsam. Woher nimmt die Kreisheimatpflegerin für den Landkreis Kitzingen die Energie für ihr aufwändiges Ehrenamt?

„Heimatverbundenheit ist mir schon in die Wiege gelegt worden,“ erzählt die frühere Bürgermeisterin (2008-2020) von Wiesenbronn. „Mein Vater war Hufschmied, in der Landwirtschaft und im Weinbau tätig und engagiert im Gemeinderat. Meine Mutter hat Gedichte und Theaterstücke in Mundart geschrieben, war Ortsbäuerin und hat für Volkstanz, das fränkische Liedgut und die Tracht gelebt.“

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Doris Paul liegt ihr Heimatort Wiesenbronn sehr am Herzen. Aus großem Interesse für Brauchtum und Mundart in der ganzen Region hat sie im vergangenen Jahr das Amt der Kreisheimatpflege im Landkreis Kitzingen übernommen (gemeinsam mit Heinrich Stier und Reinhard Hüßner).

Heimat, oder wie sie es auf gut Unterfränkisch ausdrückt „das Derhemm“, spiegelt sich für die 55-Jährige in vielen verschiedenen Dingen wider. „Da ist das Gefühl, das aufkommt, wenn ich mich meinem Heimatort Wiesenbronn nähere und die Kirche sehe. Oder typische Gerüche beispielsweise während der Traubenblüte gehören dazu, natürlich auch die Sprache und der Dialekt. Oft versteht man sich bei gleicher Herkunft ohne große Worte. Heimat ist Vielfalt.“

Dies gemeinsam zu erleben, ist der amtierenden Kreisrätin und stellvertretenden Landrätin schon immer sehr wichtig – und das gehe über das Schwelgen in Erinnerungen an vergangene Zeiten oder die Pflege von Traditionen weit hinaus. „Heimat ist jetzt und in der Zukunft. Wir sind verpflichtet, das Bewusstsein für ihre große Bedeutung weiterzugeben, und zwar mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen – ob auf dem Fußballfeld oder durch modernste Technik. Alle Wege sind wichtig, um möglichst viele anzusprechen. Immer wieder spüre ich großes Interesse über alle Generationen hinweg.“

Mundart an Schulen

Um gerade auch Kinder und Jugendliche für Traditionen und regionale Besonderheiten zu begeistern, trägt Doris Paul an Schulen Texte in Mundart vor, künftig evtl. auch in Zusammenarbeit mit dem Unterfränkischen Dialektinstitut in Würzburg. „Da stehe ich oft vor ratlosen Gesichtern“, so die Kreisheimatpflegerin lachend, die in jungen Jahren als Fränkische Weinkönigin bereits für die Region warb und die Fachakademie für Ernährung und Landwirtschaft in Triesdorf absolvierte. Anschließend war sie beim Weinbauring Franken tätig und bei einer Förderstelle zur Stärkung des ländlichen Raums. Zehn Jahre lang betrieb sie das Café auf dem Schwanberg, bevor diese Aufgabe mit dem Bürgermeisteramt in Wiesenbronn zeitlich nicht mehr vereinbar war.

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In der Dorfschmiede von Wiesenbronn hat ihr Vater früher als Hufschmied gearbeitet. Und auch heute wird in dem mit alten Werkzeugen reich bestücktem Raum noch gelegentlich geschmiedet. Einmal pro Woche bietet Doris Paul hier Lebensmittel aus regionaler Erzeugung an.

© N-ERGIE, Andrea Rudolph

Das Hufeisen über dem Eingang zur Schmiede hat die Mutter von Doris Paul in einem ihrer Mundart-Gedichte zum Thema gemacht. Das Glück sei ohnehin von flüchtiger Natur, heißt es darin, ob es nun vom Hufeisen symbolisch aufgefangen wird oder herausfällt.

Zur Kreisheimatpflegerin wurde sie im September 2021 berufen. Während sich ihre beiden Kollegen in diesem Ehrenamt hauptsächlich um Bauten und Denkmalschutz kümmern, hat sie großen Spaß an ihren Zuständigkeitsbereichen Mundart, Brauchtum, Trachten, Volkslied, -musik und -tanz. Außerdem betreut sie die Heimatmuseen und privaten Sammlungen. „Von vielen Angeboten wissen nur die Einheimischen oder Menschen aus Nachbarorten. Da muss vieles noch viel bekannter werden, zum Beispiel das beeindruckende Schützenscheibenmuseum von Mainbernheim.“

Um das Interesse an den „wunderbaren Krippen in unserem Landkreis“ zu wecken, bereitet Doris Paul einen Krippenweg 2023 für den gesamten Landkreis in Form einer kleinen Broschüre vor. „Da kann man dann einfach kurz nachschauen, welcher Ort in welchem Zeitraum eine Krippe aufstellt, und wann die Kirche zugänglich ist.“

Die Begegnung und den Austausch fördern

Weiteres Ziel: den Austausch fördern. „Deswegen habe ich einen Stammtisch namens Obacht – Heimat an wechselnden Orten ins Leben gerufen. Bei den Treffen jeweils am zweiten Sonntag im Monat gibt es einen gemeinsamen Programmpunkt vor Ort, und die Teilnehmenden bringen auch Themen mit, zum Beispiel einen Dialektbegriff oder ein altes Werkzeug. Gemeinsam überlegen wir, wozu es genau gedient hat. Die Gespräche sind unglaublich bereichernd.“

Nach der Corona-Pause soll im Jahr 2024 wieder ein großer Kreisheimattag stattfinden, und auch ein Drei-Franken-Singen mit Chören aus Unter-, Mittel- und Oberfranken ist für nächstes Jahr wieder geplant. Doris Paul ist überzeugt: Begegnungen schaffen Verbindungen, und die wiederum wecken oder stärken Heimatgefühle. „Ob es die großen Veranstaltungen sind oder das Gespräch im kleinen Kreis: Aus allen Treffen schöpfe ich unbeschreiblich viel Kraft und Energie!“

Wandertipp: TraumRunden im Kitzinger Land

© N-ERGIE, Andrea Rudolph

Eine der beliebten Wanderwege unter dem Titel "TraumRunde" im Fränkischen Weinland führt auch rund um Wiesenbronn: Hier der Blick vom Weinlabyrinth aus auf den Nachbarort Castell.

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