Nürnbergs Versorgung mit Wasser – damals und heute

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Auf einer Insel der Pegnitz zwischen der Fleisch- und Karlsbrücke wurde 1856 die neue Schwabenmühle zu Nürnbergs erstem kommunalen Wasserwerk ausgebaut.

Der Schöne Brunnen auf dem Hauptmarkt ist eines der bekanntesten Wahrzeichen von Nürnberg. Was viele nicht wissen: Das gotische Juwel wurde auf Wunsch Kaiser Karl IV. errichtet und erhielt Ende des 14. Jahrhunderts einen Anschluss an die erste öffentliche Wasserleitung der Stadt. Die sogenannte „Schönbrunnleitung“ diente zur Versorgung der Marktfrauen mit Wasser. Die zahlreichen Brunnen, die vom Rat der Stadt betrieben wurden, dienten zur Blütezeit Nürnbergs aber weniger der Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Wasser, sondern vielmehr als Statussymbole, die den Kunstsinn und Reichtum der Stadt demonstrierten. Im Jahr 1459 sollen es 96 öffentliche Brunnen, im Jahr 1810 bereits 137 Brunnen und Wasserzapfstellen im Stadtgebiet gewesen sein. Hinzu kamen 1.049 private Brunnen. Die Wasserstellen waren zunächst als Zieh- oder Schöpfbrunnen mit Galgen, Seil oder Kette gebaut. Aufgrund von Verunreinigungen und der Gefahr von Unfällen wurden diese im Laufe der Jahrhunderte auf Pumpbrunnen umgestellt.

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Die Brunnenpyramide, umhüllt von goldenen Elementen und der Silhouette eines goldenen Kirchturms nachempfunden.

1855 bricht in Nürnberg eine Choleraepidemie aus und viele Menschen kommen durch „den grossen sterb“ ums Leben. Der Zusammenhang zwischen Wasserverunreinigung und Epidemien ist inzwischen bekannt und so erklärt der Stadtmagistrat, die Wasserversorgung zur öffentlichen Aufgabe. Am 19. Oktober 1855 beschließt er: „… die Errichtung eines Wasserwerkes zur möglichsten Versorgung der Stadt mit Trinkwasser, in Feuergefahr mit hinreichendem Wasser zum Löschen.“

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Nürnberg im Jahr 1862: Sieben Jahre zuvor forderte eine Cholera-Epidemie ihre Opfer. Der Stadtmagistrat beschließt darauf die Wasserversorgung zur öffentlichen Aufgabe zu machen.

Die neue Schwabenmühle

Auf einer Insel der Pegnitz zwischen der Fleisch- und Karlsbrücke wurde 1856 die neue Schwabenmühle zu Nürnbergs erstem kommunalen Wasserwerk ausgebaut und entnahm anfangs das Wasser aus drei Grundwasserbrunnen im Stadtgraben sowie einem Brunnen im Werksgebäude. Pro Sekunde wurden bis zu 10 Liter Wasser gefördert. Da die Wasserqualität dennoch mangelhaft blieb, begannen 1880 Erkundungen auch weit außerhalb der Stadt. 1885 nimmt die Stadt die Schwabenmühle außer Betrieb und verlagert die Trinkwassergewinnung für Nürnberg vor die Tore der Stadt. 1885 begann die öffentliche Fernwasserversorgung mit Inbetriebnahme des Wassergewinnungsgebietes „Ursprung“ (zwischen Altdorf und Leinburg) und dem Bau einer 13 Kilometer langen Leitung zum neuen Hochbehälter Schmausenbuck. 1893 folgte die Inbetriebnahme des Wasserwerks Krämersweiher und 1896 die des Wasserwerks Erlenstegen.

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Die Schwabenmühle auf einer Pegnitzinsel. Im Hintergrund die Karlsbrücke.

Ranna, ein Jahrhundertbauwerk

Nachdem das Wasserwerk Erlenstegen kurz nach seiner Inbetriebnahme an seine erste Kapazitätsgrenze gestoßen war, wurde die Erschließung größerer Wassermengen dringend erforderlich, um mit dem rapiden Bevölkerungswachstum Schritt zu halten. Zwischen 1895 und 1900 stieg die Bevölkerung Nürnbergs von rund 162.000 auf über 260.000 Einwohner an.

Im Dezember 1900 vergab die Stadt die ersten Planungsaufträge für die Gewinnung von Quellwasser im Veldensteiner Forst. Die Bauarbeiten im oberen Pegnitztal bei Ranna begannen im April 1905, wobei etwa 600 Arbeiter, aber nur sieben Maschinen eingesetzt wurden. Bereits im Oktober des folgenden Jahres konnte die Fertigstellung der heute nahezu unverändert betriebenen Quellfassung gefeiert werden.

Die 46 Kilometer lange Rannaleitung war eine ingenieurtechnische Meisterleistung. Das gewonnene Trinkwasser sollte ohne Energieeinsatz im freien Gefälle in die Stadt oder in den Hochbehälter am Schmausenbuck fließen. Bei einer Höhendifferenz von nur 25 Metern war höchste Präzision erforderlich. Die Leitung folgt größtenteils dem Verlauf der Pegnitz und unterquert sie sechs Mal. Darüber hinaus wurden sechs Stollen mit einer Gesamtlänge von 6.930 Metern gegraben. Das erste Trinkwasser konnte am 8. Juni 1912 erfolgreich nach Nürnberg geleitet werden – ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte der Stadt.

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Bau einer der sechs Stollen der 46 Kilometer langen Leitung.

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Die Nürnberger Trinkwasserversorgung heute

Heute versorgt die N‑ERGIE Nürnberg und Schwaig mit Trinkwasser aus fünf verschiedenen Gewinnungsgebieten. Die durchschnittliche Wasserabgabe liegt derzeit bei ca. 95.000 Kubikmeter pro Tag. Auf den Nürnberger Hauptmarkt verteilt, ergibt dies eine rund zehn Meter hohe Wassersäule. Die Häuser wären alle 24 Stunden bis zum 3. Stockwerk geflutet. An trockenen und heißen Tagen kann die Menge auf fast das Doppelte ansteigen.

Rund 70 Prozent des jährlichen Trinkwasserbedarfs stellt die N‑ERGIE aus eigenen Wasserwerken bereit:

  • Wassergewinnung Erlenstegen/Eichelberg
  • Wassergewinnung Ranna
  • Wassergewinnung Krämersweiher
  • Wassergewinnung Ursprung

Die restlichen 30 Prozent bezieht die N‑ERGIE vom Zweckverband Wasserversorgung Fränkischer Wirtschaftsraum (WFW) über eine Fernleitung aus dem Wasserwerk Genderkingen. Die Betriebs- und Geschäftsführung des WFW liegt bei der N‑ERGIE.

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Der Hochbehälter Haidberg wurde 1959 fertig gestellt. Er speichert überwiegend das im Wasserwerk Ranna gewonnene Trinkwasser und versorgt weite Teile der Nürnberger Nordstadt.

Häufig gestellte Fragen zu Trinkwasser

Woher kommt das Nürnberger Leitungswasser?

Rund 70 Prozent des jährlichen Trinkwasserbedarfs stellt die N‑ERGIE aus eigenen Wasserwerken bereit: darunter in Ranna (Veldensteiner Forst) und Erlenstegen. Die restlichen 30 Prozent bezieht die N‑ERGIE vom Zweckverband Wasserversorgung Fränkischer Wirtschaftsraum (WFW) über eine Fernleitung aus dem Wasserwerk Genderkingen.

Wann gab es die erste Wasserleitung in Nürnberg?

Die älteste Wasserleitung in Nürnberg überhaupt wurde in den Jahren 1340 bis 1360 – genauere Zeitangaben fehlen – für die Versorgung des 1339 gegründeten Spitals privat verlegt. Die erste öffentliche Wasserleitung von 1388 speiste den wohl bekanntesten Nürnberger Brunnen, den Schönen Brunnen auf dem Hauptmarkt.

Wie war das Wasser im Mittelalter?

Die Wasserqualität war im Allgemeinen völlig unzureichend. Wie in den meisten deutschen Städten dieser Zeit lagen die zahlreichen Sickergruben zur Beseitigung des Abwassers unmittelbar neben den Grundwasserbrunnen. Fäkalien und Tierkadaver wurden von den in der Regel ungepflasterten Straßen nur sporadisch entfernt. Die Folge war eine unglaubliche Verseuchung des Grundwassers unter der Stadt. Große Epidemien von Cholera, Ruhr, Typhus und Pest reduzierten die Bevölkerung auf das grauenhafteste. Noch bei der letzten Choleraepidemie 1854 starben in Nürnberg über 300 Menschen.

Hat man aufgrund der schlechten Wasserqualität im Mittelalter Bier getrunken?

Das Trinken von Bier im Mittelalter hatte verschiedene Gründe, und die Wasserqualität war sicherlich einer davon. Im Vergleich zum Wasser war Bier oft sicherer zu konsumieren, da der Brauprozess das Wasser durch Kochen und Fermentation reinigte und dazu beitrug, potenziell schädliche Mikroorganismen abzutöten. Das Brauwasser wurde üblicherweise vor dem Brauen gekocht, was dazu beitrug, potenziell gefährliche Krankheitserreger abzutöten. Im Mittelalter hatte Bier auch oft einen niedrigeren Alkoholgehalt als heutzutage.

Wie hart ist das Trinkwasser in Nürnberg?

Das Nürnberger Trinkwasser liegt überwiegend im mittleren Härtebereich.

Die N‑ERGIE empfiehlt deshalb, im gesamten Stadtgebiet Waschmittel entsprechend dem Härtebereich mittel zu dosieren und Elektrogeräte, wie zum Beispiel Kaffeemaschinen und Wasserkocher entsprechend einzustellen.

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