Win-Win für zwei Unternehmen und das Klima
MAN-Werk ist größter Abnehmer der Nürnberger Fernwärme
Mit großen Erwartungen und Freude über eine besondere Gemeinschaftsleistung ist das Projekt im Jahr 2021 in die Ausführung gegangen: der Anschluss des Nürnberger MAN-Werks an die Fernwärmeversorgung. Alles richtig gemacht – so die saloppe Zusammenfassung der ersten Bilanz.
Die Rede ist von einer Win-Win-Situation: von sehr großer Zufriedenheit und nach wie vor hervorragender Zusammenarbeit. Seit Ende 2022 ist das MAN-Werk in der Vogelweiherstraße ans Fernwärmenetz der N-ERGIE angeschlossen – zunächst mit einer Leistung von 15 Megawatt (MW), erweiterbar auf bis zu 30 MW (hier mehr zur offiziellen Inbetriebnahme).
„Wir sind mehr als zufrieden: Die Versorgung ist absolut sicher und zuverlässig. Wir haben unseren Wärmeverbrauch deutlich gesenkt und verabschieden uns bald komplett von der Braunkohle. Schon jetzt ist unser CO2-Abdruck für die Wärmeerzeugung deutlich kleiner geworden, und wurde fast um die Hälfte reduziert “, lobt Frank Wieczorek, Leiter Werksservice und Infrastruktur.
Auch die Mitarbeiter Dimitri Zittel (Gesamtprojektleiter) sowie Martin Lucas (Teilprojektleiter MSR- und IT Kommunikation) erinnern sich noch gut an die wirtschaftlichen bzw. technischen Herausforderungen und sind sich einig: Es war eine außergewöhnliche Gemeinschaftsleistung.
„Auf beiden Seiten – MAN und N-ERGIE – wurde mit positivem Spirit und voller Kraft an der Lösungsfindung gearbeitet. Gemeinschaftlich wurden zahlreiche Lösungsvorschläge und Ideen auf technische, energetische und wirtschaftliche Effizienz bewertet. Und zwar mit gleichwertiger Aufteilung der Chancen und Risiken zu je 50 Prozent. Das hat auch viele langwierige Diskussionen erspart und schnelle, pragmatische Lösungen ermöglicht“, erläutert Frank Wieczorek aus kaufmännischer Perspektive. „Ein Ansporn war auch die wissenschaftliche Begleitung durch das Projekt UrbanHeat, die nochmal den Nachdruck liefert: Es handelt sich nicht um Hirngespinste der Techniker, sondern um richtig gute, innovative Ideen.“
Ein wichtiger Punkt für die N-ERGIE: Die Anbindung von MAN ans Fernwärmenetz hat eine bedeutende Lücke geschlossen, die 3,6 Kilometer lange Südspange zwischen den Heizkraftwerken in Sandreuth und in Langwasser. „Sie ermöglicht den Anschluss neuer Quartiere wie Lichtenreuth und sie macht unser Netz auch an dieser Stelle redundant und ausfallsicher – ein enormer Beitrag zur Versorgungssicherheit“, so Andreas Wunram, Projektleiter seitens der N-ERGIE Netz GmbH (alle Infos zum Ausbau der Nürnberger Fernwärme).
Einzigartige technische Lösung
Die große technische Herausforderung bestand vor allem in den sehr hohen Rücklauftemperaturen, die vom Standard im Nürnberger Fernwärmenetz (zirka 65 Grad) deutlich abweichen. Schließlich wurde der Anschluss in Form eines so genannten Dreileiters realisiert. Martin Lucas erklärt, wie die völlig neuartige Lösung funktioniert: „Der Fernwärme-Rücklauf wird über eine Bypass-Leitung teilweise wieder in den Vorlauf gepumpt. So können die hohen Temperaturen sowie industrielle Abwärme energetisch weiter genutzt werden.“
Der Anschluss bietet die Möglichkeit, industrielle Abwärme aus der Produktion von MAN durch Rückspeisung in das öffentliche Fernwärmenetz zu nutzen. Noch nachhaltiger wird es mit dem geplanten Einbau eines Pufferspeichers, erklärt Dimitri Zittel. „Dann können wir die Fahrweise weiter optimieren und Spitzen in beiden Wärmenetzen ausgleichen. Geplant ist auch die Nutzung von effizienten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK), bestenfalls mit regenerativen CO2-neutralen Kraftstoffen sowie Wasser-Wasser-Wärmepumpen.“
Ziel ist, nach und nach an allen möglichen Stellschrauben – auch an der Hydraulik und der Temperatur im MAN-Verteilnetz – zu drehen und den Wärmeverbrauch insgesamt kontinuierlich zu senken. Das Werk ist bestrebt, sein gesamtes Wärmenetz in Richtung des Niedertemperaturnetzes zu entwickeln und damit schon ab 2030 eine CO2 neutrale Produktion zu gewährleisten.
Forschungsprojekt UrbanHeat: Ergebnisse Ende 2024
Der Fernwärme-Anschluss von MAN ist über den Projektträger Jülich staatlich gefördert und Teil des Forschungsprojekts „UrbanHeat“ und wird von der Universität Kassel wissenschaftlich begleitet. Untersucht wird die Dekarbonisierung von Prozesswärme im Kontext einer ganzheitlichen Wärmeversorgung städtischer Quartiere. Die Ergebnisse werden für Ende 2024 erwartet.