Basketball baut Barrieren ab

© N-ERGIE, Melissa Draa

Martin Hötzl und sein Team haben Unified Basketball zu ihrem Spezialgebiet entwickelt.

Die Bruckberger Wohnheime liegen idyllisch oberhalb des Haselbachtals, direkt hinter einem Schloss. Das inklusive Sportprogramm „Unified Sports“ der Special Olympics, das hier angeboten wird, vereint Menschen mit und ohne geistige Behinderung – und das über Landesgrenzen hinaus. „Es geht vor allem darum, Raum für Begegnungen zu schaffen“, sagt Martin Hötzl vom fachpädagogischen Dienst „Wohnen Bruckberg“, als wir ihn in seinem Büro besuchen. Insgesamt leben hier rund 50 Kinder und Jugendliche, sie werden betreut, ausgebildet und auf das Erwachsensein vorbereitet. Gemeinsam nehmen sie an Freizeitveranstaltungen teil und machen zusammen Sport.

„Heute geht es an die Laurentius Realschule nach Neuendettelsau“, sagt Martin Hötzl. „Hier gibt es für die Klassen seit 2009 das Wahlfach des Unified Basketballs.“ Alle zwei Wochen trainieren sie mit den Sportler*innen aus Bruckberg und nehmen regelmäßig an Wettbewerben teil. Gemeinsam ging es schon zu verschiedenen Turnieren im In- und Ausland. „1999, 2003, 2007 und 2011 stellten wir bei den Special Olympics das Basketball-Team für Deutschland“, erklärt der Sozialpädagoge, der 1998 während seines Zivildienstes selbst als begeisterter Basketballer nach Bruckberg kam.

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“Die schönsten Erlebnisse geschehen abseits des Spielfelds“

Martin Hötzl

Der Bruckberger Unified Basketball gilt deutschlandweit als Vorzeigeprojekt. Martin Hötzl und seine Kolleg*innen haben es geschafft, das was als Hobby-Basketball begonnen hat, zum Spezialgebiet weiter zu entwickeln. 2015 wurde die Einrichtung sogar bundesweit von Special Olympics zum ersten und einzigen Qualifikationsstützpunkt für Unified Basketball ernannt. „Unser sportlicher Höhepunkt waren die World Games 2007 in Shanghai“, erzählt der Sportbeauftragte. Hier haben die Bruckberger und ihre Unified-Partner*innen in der leistungsstärksten Gruppe die Goldmedaille gewonnen. Das habe ihnen anschließend geholfen, neue Kontakte in der Region zu knüpfen und den Sport weiter voranzutreiben.

„Die schönsten Erlebnisse geschehen jedoch abseits des Spielfelds“, sagt Hötzl. So erzählt er von den Freundschaften, die geknüpft werden und den Begegnungen, die allen guttun. „Man merkt, wie gehemmt und unsicher viele doch am Anfang sind, wenn sie auf Menschen mit geistiger Behinderung treffen.“ Das müsse jedoch nicht sein. Durch den gemeinsamen Sport, den intensiven Kontakt und ein wenig Zeit, werden diese Barrieren abgebaut. „Es ist immer wieder lustig zu beobachten, wie distanziert die Unified-Partner*innen und die Athlet*innen zum Anfang jeder Reise sind. Und am Ende ist es so, dass die Unified-Partner*innen mehr Einfluss auf die Sportler*innen haben, als wir Trainer“, erzählt der Sozialpädagoge und lacht.

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Dass es beim Unified Basketball um viel mehr geht als den Wettkampf, spüren wir auch, als wir beim Training mit dabei sein dürfen. Martin Hötzl und seine Kolleg*innen kennen von jedem Jugendlichen die Familiengeschichte. Sie wissen wie schwer es ihnen teilweise fällt, sich in einer „normalen“ gesellschaftlichen Umgebung zurecht zu finden und können während der Trainings wertvolle pädagogische Arbeit leisten. „Wir gehen auf jeden Spieler einzeln ein und wissen, wie er am besten lernt. Bei einem funktioniert das gut durch Zurufe, der andere braucht Markierungen auf dem Feld.“

Es geht nicht darum, die Jugendlichen komplett in Sportvereinen oder im regulären Schulunterricht zu integrieren, sondern für sie da zu sein und ihnen individuell etwas beizubringen. „Unsere Sportler*innen wollen manchmal einfach unter sich sein und fühlen sich da am wohlsten. Daher ist Unified Sports ideal, um die verschiedenen Gruppen zusammenzubringen.“ Diese bedeutende Arbeit möchte Martin Hötzl auch abseits des Basketballs fortführen, selbst wenn sie viel Kraft kostet und aufgrund von Personalmangel nicht leichter wird. „Egal wie anstrengend es manchmal ist, menschlich bekomme ich alles mindestens 100 Prozent zurück.“

Mehr Informationen zur Einrichtung „Wohnen Bruckberg“: www.gemeinsam-in-bruckberg.de

© Diakoneo Bruckberg
© Diakoneo Bruckberg

Mit dabei bei den Nürnberg Falcons: Auf Einladung der N-ERGIE waren die Bruckberger zu Besuch bei einem Heimspiel der Nürnberger Basketball Profis.

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